Wie gestalten Sie den Unterricht mit ihren Schüler*innen?

Inhaltlich achte ich darauf, dass ich neben dem Lehrplanbezug auch Bezug zur aktuellen Krise herstelle – dies ist vor allem im Fach GGP sehr spannend, weil die Corona-Zeit so viele Themen aus dem Fach GGP sichtbar und greifbar macht, z.B. hat es Arbeitsaufträge zu Themen der Demokratie / VWL gegeben: Grundrechte, Gesetzgebung, Konjunkturprognose nach Corona usw. Ich habe eine Corona-Präsentation erstellt, in der Theorie-Inputs und die einzelnen (durchnumerierten) Arbeitsaufträge stehen. Einmal pro Woche sind wir live auf Discord oder Teams, sodass ich den direkten Kontakt zu den SchülerInnen nicht verliere.

Unterrichten Sie exakt nach dem Stundenplan?

Ja, ich gebe die Aufgaben immer am Beginn der Stunde und auch unsere Treffen auf Discord oder Teams finden in den Unterrichtsstunden statt. Ich habe den Eindruck, dass dies für das Planen/für die Struktur der SchülerInnen sehr gut ist. Nur im Fach SOPK / PKT / Freigegenstand habe ich Termine außerhalb der Stundenplanzeiten gewählt.

Wie funktioniert es im Großen und Ganzen? Gibt es Schüler*innen, die sie nicht erreichen? Wie gehen Sie in solchen Fällen vor?

Es funktioniert wirklich sehr gut – wichtig ist auch, dass die Schüler*innen immer wieder Lob kriegen und motiviert werden. Es gibt ein paar Schüler*innen, die z.B. über Teams nicht erreichbar sind, sie erhalten E-Mails und wenn dies auch nicht funktioniert, verständige ich die Klassenvorstände.

Welchen Eindruck haben Sie über die Motivation der Schüler*innen? Ist diese nun nach 5 Wochen E- Learning zurückgegangen?

Ich habe den Eindruck, dass einzelne Schüler ‚etwas müde‘ geworden sind und einige nach wie vor mit der Selbstorganisation überfordert sind. Andere hingegen immer noch topmotiviert sind und das ‚Distance Learning‘ dem klassischen Unterricht im Klassenzimmer gegenüber sogar vorziehen.

Wie empfinden Sie ihren Arbeitsaufwand? Ist dieser gestiegen? Gesunken?

Der Arbeitsaufwand ist gewiss gestiegen, vor allem durch dieses ‚permanently online + permanently connected (POPC) sein – besonders am Beginn der Corona-Zeit habe ich mich bewusst immer wieder ausgeklickt, da diese Flut an Emails etwas unkoordiniert auf uns einströmte und ich einfach nicht mehr alles lesen wollte. Die MS Teams Konferenzen mit unseren Vorgesetzten sind sehr wichtig und sinnvoll.

Welche positiven Aspekte ziehen Sie aus dieser Zeit? Sowohl, was die Schule betrifft, aber auch allgemein?

Ich persönlich wünsche mir schon sehr lange mehr Digitalisierung im Unterricht und praktiziere es auch schon eine Weile – so gesehen, bin ich froh, dass nun durch Corona das gesamte LehrerInnen-Team + Vorgesetzte ’neue Methoden‘ der Kommunikation nutzt und vielleicht sogar beibehalten wird. Corona hat in uns allen eine Phase des Reflektierens ermöglicht ‚was ist wirklich wichtig in meinem Leben? Was werde ich nach Corona anders machen?…

Wie, glauben Sie, wird es weitergehen? Was wird sich nachhaltig ändern?

Es gibt viele neue Wege, die nach der Krise einen ‚Neubeginn‘ ermöglichen würden: im Bereich Umwelt (Klima), Demokratie, Wirtschaftssystem, Sicherheit, Gesundheit – die Frage ist, wird der/die  Einzelne mehr mitentscheiden wollen und mehr Verantwortung übernehmen wollen oder erwarten wir völlig unkritisch und unreflektiert, dass Regierungen weiterhin alles für uns entscheiden.

Was können wir für die Zeit danach „mitnehmen“?

Dass Schnelligkeit, Perfektion, Erfolgsstreben und Technik alleine uns nicht vorwärts bringen – ich wünsche mir allgemein mehr ‚Miteinander‘, mehr vernetztes Denken und Handeln, mehr Respekt für die individuellen Stärken – die eigenen und die der anderen. Krisenmanagement an Schulen und generell sollte eine neue Priorität erhalten.

Vervollständigen Sie den Satz: Dank der Coronakrise…

…werden die Arbeit von zu Hause im Home Office sowie die vielen Berufe, die unser Leben und unsere Gesundheit in dieser ’neuen und fordernden Zeit‘ überhaupt ermöglichen – mehr geschätzt .

Judith White unterrichtet an der HTL das Fach GGP (Geografie, Geschichte und politische Bildung). Das Interview führte Johannes Withalm / Öffentlichkeitsarbeit HTL Rennweg